Am 22.3.23 fand, fast genau 80 Jahre nach dem Todestag der Geschwister Scholl, ein literarischer Abend in der Aula der Geschwister-Scholl-Schule statt. Auf Initiative des Kulturamtes der Stadt Heidelberg und mit großem Engagement von Herrn Dr. Frank Barsch, der für die sehr gelungene Textauswahl zuständig war, wurden an diesem Abend Texte aus Briefen und aus dem Lebenslauf der beiden Geschwister vorgelesen. Dieser Gedenktag ist an der Schule immer wieder Thema, sei es mit einer kleinen Feier in der „Gedenkecke“ auf dem Schulhof, durch die thematisch treffende Schulhymne oder durch Unterrichtseinheiten und Filme, in denen die Schüler*innen für das Thema sensibilisiert werden.
Dieser Abend nun sollte erinnern an die Taten der Geschwister Scholl und er sollte informieren über ihren Lebenslauf und den Werdegang ihres Engagements.
Anwesend waren neben zahlreichen Eltern und Elternvertreter*innen, Schüler*innen und vielen Lehrer*innen, Frau Dr. Andrea Edel vom Kulturamt der Stadt Heidelberg und Stefanie Jansen, Bürgermeisterin für Soziales sowie Herr Dr. Frank Barsch. Aufgebaut war der Abend als Lesung. Drei Lehrer*innen, Frau Völker, Herr Baudendistel und Herr Rietz, gaben Hintergrundwissen und lasen aus dem Lebenslauf vor, während fünf Schülerinnen aus den Klassenstufen 8, 9 und 10, Sophia, Christin, Warvin, Bassem und Lars, die zahlreichen Zitate aus den Briefen vorlasen. So hatte die Lesung etwas Szenisches und blieb auch bei über einer Stunde Hördauer stets spannend und abwechslungsreich.
Der Abend war chronologisch aufgebaut und in drei große Teile aufgeteilt: „Kindheit und Jugend“, „Neue Orientierung“ und „Studium und erste Aktivitäten“. Spannend war, dass Sophie Scholl als Jugendliche aktiv und begeistert in der Hitlerjugend mitgearbeitet hat. Ihr gefiel der Gedanke einer großen Gemeinschaft. Geprägt durch ein kritisches und christlich orientiertes Elternhaus bekam diese Begeisterung aber bald Risse. „Es ist feige, sich von der Politik abzuwenden“ schreibt sie selber in einem Brief an ihre Eltern. Sie und ihr Bruder Hans versuchen immer wieder, trotz der schwierigen Verhältnisse im Arbeitsdienst und später im Krieg, in ihren Briefen auch von schönen Alltagserlebnissen zu erzählen. „Trotz meiner Verletzung konnte ich es nicht lassen, mir heute ein Pferd einzufangen und ein wenig zu reiten“, schreibt Hans 1940 an seine Eltern. Ab 1941 beginnen sie ihr Studium und beginnen, auch durch die eigenen Kriegserlebnisse politisiert, erste Aktivitäten im Widerstand und rufen bereits da zum Sturz Hitlers auf. Von 1941 bis 1943 schreiben sie und weitere Mitstreiter aus Studium und Freundeskreis insgesamt sechs Flugblätter. Damals noch von Hand und getippt, was ein Aufwand von 10 000 Blatt Papier und 2000 Umschlägen bedeutete. Diese Flugblätter wollten informieren, aufrütteln und den Kriegswahn anprangern. „Ich will nicht nur in Gedanken, sondern auch in der Tat meine Gesinnung zeigen“, so Sophie Scholl zu ihrer Motivation. Auch ihr Vater äußerte sich kritisch und wurde 1941 für einige Monate verhaftet. Die aktive Tat des Widerstands bestand außer dem Schreiben der Flugblätter auch darin, diese unerkannt zu verteilen. Die Mitglieder der Weißen Rose, wie sich die Gruppe mittlerweile nennt, reisen mit Koffern voll Flugblättern zu verschiedenen Orten und Universitäten in Süddeutschland, um diese an eine möglichst große Anzahl an Menschen zu verteilen. „Das deutsche Volk schläft seinen dumpfen Schlaf weiter“, so die Gruppe in einem ihrer ersten Flugblätter. Sie fordern 1943: „ Freiheit der Rede, Freiheit des Bekenntnisses, Schutz des einzelnen Bürgers vor der Willkür verbrecherischer Gewaltstaaten, das sind die Grundlagen des neuen Europa.“ Jedoch wird Sophie Scholl 1943 bei einem solchen Verteilen der Flugblätter erwischt und verhaftet. Im Verhör bleibt Sophie Scholl dennoch standhaft überzeugt von der Richtigkeit ihrer Taten: „Ich bin nach wie vor der Meinung, das Beste getan zu haben, was ich gerade jetzt für mein Volk tun konnte“. Ein Gerichtsdiener beschreibt die Haltung der verhafteten Geschwister als „ruhig, gefasst, klar und tapfer“. „Da standen Menschen, die von ihren Idealen erfüllt waren“.
Und genau diese Haltung versuchte Herr Hansen, Konrektor der Geschwister-Scholl-Schule, wieder aufzugreifen und zog in seinen Schlussgedanken einen Bogen zur aktuellen Situation. „Ist es nicht das, was wir heute unseren Kindern und Jugendlichen vor allem beibringen müssen? Informiert euch! Interessiert euch! (…) Bildet euch eigene Meinungen! Haltet Konflikte aus und bleibt trotzdem gewaltfrei! Ich bin der Meinung, nur so kann Zusammenleben auch in Zukunft wieder gelingen.“ Die Schulhymne, an diesem Abend vom Grundschulchor unter der Leitung von Frau Theresa Ungan gesungen, beschwört diesen Gedanken: „ Weißt du, wo man auch heute noch starke Kinder trifft?“ Und so schließt der Abend mit dem Wunsch aus einem weiteren Zitat von Sophie Scholl: „ Man muss etwas tun, um selbst keine Schuld zu haben!“
Text und Fotos: F. Reif